Gewaltprävention - Gefangene helfen Jugendlichen Teil II

Gefangene helfen Jugendlichen -  Schulbesuch am 20. Juli 2016 in der Berufsschule Elmshorn  -
Vom Mörder zum Helfer

Am 20. Juli 2016 hatten zwei Klassen unserer Berufsvorbereitung Besuch von einem Mitarbeiter des Projektes „Gefangene helfen Jugendlichen“. Dieser Besuch wurde durch eine großzügige Spende des Kinderschutzbundes Elmshorn ermöglicht. Hintergrund dieses Besuches war eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Kriminalität im Rahmen des WIPO-Unterrichtes. Dort haben wir uns ausführlich mit u.a. folgenden Themen beschäftigt:

- Umgang mit Minderheiten und Toleranz
- Entstehung von Kriminalität und Strafverfahren
- Jugendstrafrecht und der Präventionsgedanke
- Bedingungen in der Haft und Folgen für Freunde und Familienangehörige
- Auswirkungen der Haft auf die weitere Lebenszielplanung

Diese Themen weckten das Interesse der Jugendlichen und es entstand der Wunsch „hautnah“ Kontakt zu (ehemaligen) Strafgefangenen aufzunehmen.
So stießen wir auf das Projekt „Gefangene helfen Jugendlichen e.V.“.
Ziel des Vereins, ist es präventiv mit Jugendlichen zu den obengenannten Themenkomplexen zu arbeiten, um den Blick für ein möglicherweise mangelndes Unrechtsbewusstsein zu schärfen und deutlich zu machen, dass „Knast nicht cool ist“. Für den gemeinnützigen Verein arbeiten ehemalige Inhaftierte und auch Menschen, die sich noch im offenen Vollzug des Gefängnisses befinden.

Bei unserem Unterrichtsbesuch gelang es dem Mitarbeiter des Vereins, die Jugendlichen in seinen Bann zu ziehen, indem er ohne Tabus von seiner Entwicklung als Kind, Jugendlicher und Erwachsener berichtete. Sein Weg führte über regelmäßige und immer schwerwiegendere kriminelle Vergehen direkt zu einer langjährigen insgesamt neunzehnjährigen Haftstrafe mit all seinen negativen Folgen für seine persönliche Entwicklung und für sein nahes Umfeld. Heute bereut er seine Taten zutiefst und hat sich „auf die Fahnen“ geschrieben, Jugendliche vor dieser fatalen Fehlentwicklung zu schützen.

Unsere Schüler der Berufsvorbereitung waren von der Lebensgeschichte und den persönlichen Bekenntnissen und der offenen Art des Referenten sehr beeindruckt und so gingen viele an diesem Tag auch sehr nachdenklich nach Hause.

Bereits jetzt freuen wir uns darauf, dass dieses Projekt im neuen Schuljahr eine Fortsetzung finden wird. Dann werden wir mit einer Schülergruppe der Berufsvorbereitung nach intensiver Vorbereitung einen halben Tag zu Gast in einem Gefängnis sein und vor Ort direkt mit Gefangenen und Mitarbeitern sprechen können um uns einen hoffentlich nachhaltigen Eindruck zu verschaffen. Eine 2 ½-stündige Nachbereitung rundet dieses Projekt ab.
Im Vordergrund dieses besonderen Unterrichtes steht der Präventionsgedanke verbunden mit der sensiblen Aufarbeitung des Gefängnisbesuches in der Schülergruppe. Ermöglicht wird die Fortsetzung dieses Projektes durch die großzügige Finanzierungszusage des „Kriminalpräventiven Rates der Stadt Elmshorn.

Nach erfolgter Nachbereitung in Kooperation mit dem Kinderschutzbund und dem kriminalpräventiven Rat möchten wir zukünftig diese Thematik als festen Unterrichtsbestandteil in der Berufsvorbereitung zu etablieren.
(Günther Traulsen, 25. Juli 2016)


Teil II

Fortsetzung:  Am Donnerstag  den 1. Dezember haben wir mit 10 männlichen Jugendlichen (bis 21 Jahre)   aus den Reha-Klassen der Berufsschule und deren Betreuer von der Grone-Schule sowie einem Mitglied des kriminalpräventiven Rates das Gefängnis „Santa-Fu“ in Hamburg-Fuhlsbüttel besucht. (siehe Zeitungs-Bericht)  Dem Besuch vorausgegangen war eine zweistündige Vorbereitung mit dem Geschäftsführer und Ex-Häftling Volkert Ruhe
              
Am Morgen ging es bereits früh los. Um 6.10 Uhr war Treffpunkt  am Bahnhof Elmshorn. Ein Jugendlicher schaffte es nicht um diese Zeit, die anderen waren überpünktlich und vollständig vor Ort. Personalausweise und schriftliche Einverständniserklärungen der Eltern lagern vor und dem Einlass in der Haftanstalt Punkt 8.00 Uhr stand nun nichts mehr im Wege - außer den umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen  und  Kontrollen am Eingangstor und im Gefängnis selbst.

Einen Einblick in den Ablauf dieses Besuches gibt der Artikel aus der Hamburger Morgenpost vom 28.12.2016. Die Redakteurin und der Fotograf begleiteten uns nach vorher erfolgter Absprache mit dem Verein Gefangene helfen Jugendlichen“ während des gesamten Aufenthaltes von 8.00 – 13.00 Uhr.
               
Im Vorwege hatten wir darauf bestanden, dass die Jugendlichen nicht erkennbar fotografiert werden und Interviews nur auf freiwilliger Basis erfolgen dürfen. Bedenken, dass die Jugendlichen sich unter diesen Umständen nicht öffnen würden wurden durch die Beteiligung bei den Gesprächen im Gefängnis wiederlegt. Darüber hinaus hatten die Jugendlichen für ca. eine halbe Stunde die Gelegenheit ohne Presse und Betreuer  ausschließlich mit zwei Ex-Inhaftierten Mitarbeitern des Vereins zu sprechen.


Eine Woche nach diesem Besuch fand mit allen Jugendlichen sowie mit den beiden Mitarbeitern aus dem Verein die uns den ganzen Tag begleitet hatten ein Auswertungsgespräch in Elmshorn statt. Die Jugendlichen haben sich dabei mündlich wie schriftlich ausdrücklich positiv geäußert und meinten, dass sie viel gelernt hätten.
Den Gefängnisalltag hat keiner als „cool“ erlebt und niemand aus dieser Gruppe möchte jemals in eine derartige Situation geraten. Gestärkt durch unsere eigenen Eindrücke und die Rückmeldung durch die Jugendlichen werden wir versuchen dieses Projekt dauerhaft mit Unterstützung des kriminalpräventiven Rates und des Kinderschutzbunden fortzuführen.

(Günther Traulsen, 08.01.2017)

Über dieses Projekt bereichtete auch die Hamburger Morgenpost: http://www.mopo.de/hamburg/polizei/ex-knacki-volkert-ruhe-er-steckt-kids-in-den-knast---zur-abschreckung-25381930

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